Im Karikaturenstreit um Darstellungen des türkischen Präsidenten hat sich Recep Tayyip Erdogan selbst zu Wort gemeldet. Seine Traurigkeit und sein Zorn rührten nicht von der «widerlichen Attacke» auf seine Person, sondern daher, dass das veröffentlichende Satiremagazin «Charlie Hebdo» die Quelle unverschämter Attacken «auf meinen lieben Propheten» sei, sagte der AKP-Chef im Parlament. An Frankreich und weitere europäische Staaten gerichtet, erklärte er mit Blick auf die koloniale Vergangenheit: «Ihr seid Mörder!»
Die Oberstaatsanwaltschaft in Ankara nahm am Mittwoch Ermittlungen gegen das französische Satiremagazin «Charlie Hebdo» wegen Präsidentenbeleidigung auf, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. In der Türkei ist das ein Verbrechen, das mit bis zu vier Jahren Haft bestraft werden kann. Im Mittelpunkt des Streits steht die Karikatur auf dem aktuellen Titel. Zu sehen ist der Präsident in Unterwäsche und mit einem Getränk in der Hand. Dabei hebt er das traditionelle islamische Gewand einer Frau über ihren Hintern hoch. Sie hält ein Tablett mit weiteren Drinks. Beide lachen.
«Ich verurteile die unmoralische Veröffentlichung dieses unverbesserlichen französischen Schundblatts unseren Präsidenten betreffend», erklärte Erdogans Stellvertreter, Vizepräsident Fuat Oktay, mit Blick auf die Karikatur. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin warf «Charlie Hebdo» via Twitter vor, keinen Respekt vor dem Glauben und vor Werten zu haben. Die Karikaturen seien «frei von Moral und Anstand». Das Blatt wolle Hass und Feindseligkeit sähen. Dies könne nur einem «kranken Geist» entsprungen sein.
Die Veröffentlichung verschärft die Spannungen zwischen der Türkei und Frankreich. Nach einer beleidigenden Äußerung Erdogans gegen den französischen Staatschef Emmanuel Macron hatte Paris jüngst seinen Botschafter aus Ankara zu Konsultationen zurückgerufen und festgehalten, dass Ankara zu einem Boykott französischer Waren aufrief.
Erdogan hatte Macron eine feindselige Haltung gegenüber dem Islam und Muslimen vorgeworfen und dabei dessen psychische Verfassung infrage gestellt. Damit reagierte er offenbar auf Äußerungen Macrons, demzufolge ein von radikalen Muslimen in Frankreich praktizierter «islamistischer Separatismus» für Probleme sorgt. Anlass für Macrons Aussage war die Enthauptung eines Lehrers, der in einer Unterrichtsstunde über Meinungsfreiheit Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt und darüber diskutiert hatte.
Macrons Äußerung hatte anti-französische Proteste in der Türkei und in anderen muslimisch geprägten Staaten zur Folge, inklusive Boykottforderungen. Am Dienstag wurde zudem bekannt, dass Erdogan den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders wegen Präsidentenbeleidigung angezeigt hat. Unter anderem hatte Wilders eine Karikatur verbreitet, die Erdogan mit einer Kopfbedeckung zeigte, die wie eine Bombe aussah, versehen mit dem Kommentar «Terrorist».
Erdogan hat in der Vergangenheit Tausende Beschwerden gegen Journalisten, Politiker, Studierende und Co. wegen Kommentaren eingereicht, die er als Beschimpfung gewertet hat. 2016 zeigte er auch den Satiriker Jan Böhmermann an.
#chariehebdo #erdogan #karikaturen
Der WELT Nachrichten-Livestream http://bit.ly/2fwuMPg
Abonniere den WELT YouTube Channel http://bit.ly/WeltVideoTVabo
Die Top-Nachrichten auf WELT.de http://bit.ly/2rQQD9Q
Unsere Reportagen & Dokumentationen http://bit.ly/WELTdokus
Die Mediathek auf WELT.de http://bit.ly/2Iydxv8
WELT Nachrichtensender auf Instagram https://bit.ly/IGWELTTV
WELT auf Instagram http://bit.ly/2X1M7Hk
In eigener Sache: Wegen des hohen Aufkommens unsachlicher und beleidigender Beiträge können wir zurzeit keine Kommentare mehr zulassen.
Danke für Eurer Verständnis – das WELT-Team
Video 2020 erstellt