Werden Waffen aus Frankreich auch gegen Zivilisten eingesetzt? Werden sie gar genutzt, um Kriegsverbrechen zu begehen? Unsere Recherche zeigt, dass dies Fall ist. Die Journalisten, die an diesem Rechercheprojekt mitgewirkt haben, konnten nachweisen, dass im Jemen, in Libyen, in der Region Westsahara und in Kamerun Waffen im Einsatz waren und sind, die in Frankreich hergestellt wurden. Sie werden sowohl zu Kriegszwecken genutzt, als auch für Folter oder die Unterdrückung von Bevölkerungsgruppen.
Panzerfahrzeuge, Kriegsschiffe und Abfangjäger: Die Liste der Waffenexporte Frankreichs nach Ägypten wird seit 2012 immer länger. Allein seit 2015 wurden Verträge in Höhe von sechs Milliarden Euro unterzeichnet, darunter der Kauf von 24 Rafale-Kampfjets. Ägypten ist inzwischen der viertgrößte Waffenabnehmer Frankreichs.
Offiziell ist Ägypten ein strategischer Partner der Französischen Republik. „Ein Land mit 100 Millionen Einwohnern, das für die Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten und in Europa von entscheidender Bedeutung ist“, hieß es aus dem Elysée-Palast vor Macrons letztem Staatsbesuch am Nil im Januar 2019. Zur Sicherheit Europas trägt Ägypten als Partner im Kampf gegen den islamistischen Terror bei. Ausschließlich in diesem Rahmen sollen die von Frankreich gelieferten Waffen vor allem zur Sicherung der Grenze zu Libyen eingesetzt werden.
Die Wahrheit sieht anders aus: Ein Amnesty-International-Bericht von 2018 zeigt, wie französische Ausrüstung zur Niederschlagung der Proteste im Jahr 2013 beigetragen hat. Besonders gepanzerte Fahrzeuge vom Typ MIDS und Sherpa wurden zur gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen benutzt. So waren – und das ist nur eines von mehreren Beispielen – Sherpa-Fahrzeuge am 14. August 2013 in Kairo im Einsatz. Fast 1.000 Menschen starben an diesem Tag. Human Rights Watch seinerseits dokumentiert im Bericht „Wenn euch das Leben lieb ist, verlasst den Sinai!“ vom Mai 2019 die Übergriffe des ägyptischen Regimes auf der Sinai-Halbinsel: Massenverhaftungen, Verschleppungen, Folter, außergerichtliche Hinrichtungen, Morde an Kontrollstellen.Auch solche bekannten, schweren Menschenrechtsverletzungen halten Frankreich nicht davon ab, weiter Waffen an Ägypten zu liefern. Im Gegenteil: Die Rüstungsexporte dorthin sind massiv gestiegen, seit 2014 der Ex-Armeechef Abdel Al-Sisi mit 96,9 Prozent der Stimmen zum Präsidenten gewählt wurde.
Was unsere Recherche zeigt
Wir haben unsere Recherchen auf die 24 Rafale-Kampfjets konzentriert, die Frankreich 2015 an Ägypten verkauft hat. Dabei haben wir herausgefunden, dass eines dieser Flugzeuge mindestens einen Angriff auf Zivilgebäude in Libyen geflogen hat. In diesem Propagandavideo der ägyptischen Armee vom Mai 2017 versichern Soldaten, ihr Einsatzziel sei ein Trainingslager von Dschihadisten bei Derna in Libyen. Eine genaue Analyse der Bilder beweist jedoch, dass der Angriff auf ein Verwaltungsgebäude in Hon erfolgte, 700 Kilometer von Derna entfernt. So liefert ausgerechnet ein ägyptisches Armee-Video den Beweis, dass zumindest in diesem einen Fall französische Waffen zu einem Angriff auf ein ziviles Ziel dienten. Die Kennzeichnung des Jets gestattet sogar den Nachweis, dass es sich um einen der 24 Rafale aus der Lieferung von 2015 handelt: Bei dem Angriff, am 26. Mai 2017, gab es keine Opfer. Doch er war nicht der einzige Einsatz der ägyptischen Luftwaffe in Libyen. Ein Amnesty-International-Bericht von 2015 dokumentiert ein Kriegsverbrechen: den Luftangriff vom 16. Februar 2015, bei dem sieben Zivilisten getötet wurden. Human Rights Watch berichtet von einem weiteren Angriff in Derna, bei dem 16 Zivilisten starben.
#FrenchArms ist eine Recherche, die vom niederländischen Investigativprojekt Lighthouse Reports, gemeinsam mit dem Investigationskonsortium Disclose, ARTE, Mediapart und Radio France initiiert wurde.
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