Einen großen Teil unseres Lebens verbringen wir im Schlaf und da ist es vielleicht kein Wunder, dass sich darum viele Mythen und Halbwahrheiten spinnen. Stimmt es etwa, dass man keinen gesunden Schlaf hat, wenn man nachts häufig aufwacht? Oder dass der Schlaf vor Mitternacht der wichtigste ist? Oder dass man im Alter weniger Schlaf benötigt? Wir haben uns auf der Straße und bei Experten umgehört.
Manche schalten vorm Schlafengehen WLAN, schnurlose Festnetztelefone und Handys aus, weil sie Angst vor schädlichen Strahlen haben. Andere schwören auf einen Espresso vorm Mittagsschlaf, damit sie danach fit wieder aufwachen. Und viele glauben, dass der Vollmond den Schlaf stört. Um das Thema Schlaf ranken sich viele Mythen. Wir klären auf – im ABC der Irrtümer
A – wie: Im Alter benötigt der Mensch weniger Schlaf
Wenn wir von Geburt an rechnen, stimmt das natürlich schon. Kleinkinder schlafen länger – aber wie ist das bei Erwachsenen? Nimmt die Schlafdauer ab? Nein. „Ältere Menschen wachen häufiger auf als jünger, z. B. weil sie zur Toilette müssen. Aber prinzipiell ist die Schlafdauer weitgehend konstant“ – ein ganzes Erwachsenenleben hindurch, erklärt Dr. Harald Müller-Pawlowski vom Zentralen Schlaflabor Berlin. Wer nicht mehr arbeitet, kann allerdings auch mal tagsüber die Augen zumachen. Die so verdöste Zeit muss zum Nachtschlaf addiert werden.
D – wie Durchschlafen: Wer nachts aufwacht, hat keinen gesunden Schlaf – stimmt das?
Die These stimmt nicht: Kein Mensch schläft die ganze Nacht durch wie ein Stein. Allerdings können wir uns oft nicht ans Aufwachen erinnern, sagt Dr. Samia Little Elk von der Schlafpraxis Berlin: „Wir werden alle zwischen unseren Schlafzyklen alle mal kurz wach – und manche Leute auch etwas länger. Das ist nicht unbedingt schlimm. Das hat die Evolution so eingerichtet, damit jeder vom Clan in der Höhle mal nach dem Rechten schaut, und das am besten zu unterschiedlichen Zeiten. Das hat die Menschen sicherer gemacht.“
F – wie: Frauen haben den leichteren Schlaf
Wenn Babys schreien, hören Mütter das angeblich als erste und kümmern sich reflexartig – egal wie groß der Schlafmangel ist. Ammenschlaf nennt sich das. Die Statistik besagt jedoch: Frauen schlafen länger und holen sich mehr Tiefschlaf als Männer. „Sie haben aber den Nachteil, dass Frauen viel mehr Trigger haben, die den Schlaf stören können. Ich denke da an die Stillzeit. Ich denke an die Menopause später. Also Frauen laufen eher Gefahr eine Schlafstörung zu entwickeln. Der eigentliche Schlaf ist aber besser“, führt Prof. Ingo Fietze vom Schlafmedizinische Zentrum der Charité Berlin aus.
K – wie: schon ein kurzes Nickerchen von nur wenigen Minuten bringt was. Richtig?
Ingo Fietze bestätigt das: „Powernap heißt, dass man fünf bis 25/30 Minuten schläft. Das reicht tatsächlich aus, um in den nächsten Stunden mental und physisch wieder fit zu sein.“
N – wie: Nacktschlafen ist unhygienisch
Wir produzieren nachts einen halben Liter Schweiß. Jeder zweite deutsche trägt daher Pyjama, ein Drittel bevorzugt Nachthemden. Nur zwölf Prozent sind Nacktschläfer. „Nacktschlafen ist überhaupt nicht unhygienisch. Das ist eine individuelle Entscheidung. Wer sich damit wohler fühlt, kann das absolut machen. Es gilt dann aber gute Bettwäsche zu haben, die den Schweiß abtransportiert und die man regelmäßig wechselt. Dann ist es überhaupt nicht unhygienisch,“ ergänzt Samia Little Elk.
S – wie: Schlaf können wir nicht nachholen, oder?
Harald Müller-Pawlowski: „Schlaf nachholen macht man automatisch. Das holt sich der Körper auf jeden Fall zurück, wenn er kann. Das heißt: Wenn ich drei kurze Nächste gemacht habe und hundemüde bin, dann schlafe ich in der Regel auch länger.“
V – wie: Vormitternachts-Schlaf ist der wichtigste
Früher wurden nachtaktive Teenager so ins Bett getrieben: Der Schlaf vor Mitternacht sei der wichtigste überhaupt. Stimmt das? Nein, behauptet Samia Little Elk: „Die erste Nachhälfte ist sehr wichtig, weil wir da besonders viel Tiefschlaf haben. Daher kommt das vielleicht. Aber man muss jetzt wissen: Nicht jeder schläft vor Mitternacht.“ Wann wir ins Bett gehen ist egal. Hauptsache wir schlafen genug.
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